Die Osterflut von Weinheim

Die Höhenrettung Altenbeken nahm an dieser Übung teil um den Wissenstransfer mit anderen Höhenrettungsgruppen zu nutzen und in deren Fachgebiete zu schauen. Besonderheit bei dieser Übung war die Kombination von Höhenrettung mit der Strömungsrettung. Gerade bei solchen fachübergreifenden Übungen kann man durch unterschiedliche Handlungsansätze von einander lernen und alternative Techniken untereinander austauschen.

Pressebericht zur Übung (Quelle s. u.):

Rhein-Neckar, 10. April 2012. (red/pm) Am Wochenende retteten Mitglieder von DLRG, Feuerwehren, Bergwacht und THW Menschen aus Autos im Wasser, verunfallte Kanuten aus der Weschnitz, seilten verunglückte Opfer ab – die vier Tage lange Übung der Rettungsspezialisten simulierte sehr reale Unfallszenarien. Die rund 30 Einsatzkräfte aus dem ganzen Bundesgebiet trafen sich über Ostern zu einer bisland einzigartigen Großübung von Strömungs- und Höhenrettern. Und die Erfahrungen waren vielfältig. Von Torsten Ahl

Schwindelerregende Höhen sind für sie nicht ungewöhnlich, für einen Teil von ihnen aber auch reißende Bäche oder von Hochwasser überschwemmte Flächen.

Aus Höhen von 12-16 Metern seilen sich die Höhenretter mit den zu rettenden Opfern ab.
Die „96h – Die Osterflut von Weinheim“ brachte über 30 ehrenamtliche und hauptamtliche Helfer aus dem gesamten Bundesgebiet zu einer in Deutschland bisher einzigartigen gemeinsamen Übung von Strömungs- und Höhenrettern zusammen. Über das gesamte Osterwochenende tauschten sich Einsatzkräfte von Deutscher Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG), Bergwacht, Feuerwehren, Wasserwacht und Technischem Hilfswerk (THW) über ihre Erfahrungen in diesen Spezialgebieten aus.
Organisiert wurde diese Übung vom Wasserrettungsdienst Nordbaden der DLRG und deren Ortsgruppe Weinheim. Von ihrem Basislager am Weinheimer Waidsee aus, starteten die Teilnehmer zu Übungsteilen in Ludwigshafen, Ilvesheim und Birkenau.

Rettungsspezialisten in der Strömung und der Höhe

Höhenretter kommen immer dann zum Einsatz, wenn Menschen z.B. von Kränen oder Türmen, aus tieferen Baustellenschächten oder von Gerüsten gerettet werden müssen und herkömmliche Rettungstechniken oder Geräte wie Drehleitern nicht ausreichend sind.Matthias Starker, Einsatzleiter und Seiltechnikausbilder bei der DLRG-Ortsgruppe Weinheim erklärt, warum seine Helfer für Einsätze in durch Regen stark überfluteten Bächen, Hochwassern oder für Rettungen aus Wildwasserschluchten geeignet sind:

Als Strömungsretter vereinen wir Techniken aus dem Bereich Höhenrettung mit denen des Rettungsschwimmens und aus dem Canyoning-Sport.

Die Strömungsrettung ist dabei die jüngere Disziplin der beiden Spezialrettungsarten und erfährt durch immer unberechenbarere Naturereignisse eine immer größere Verbreitung.Das gemeinsame viertägige Training verfolgt laut Axel Manz, Ausbilder für Spezialtrettungsverfahren beim THW und gemeinsam mit Starker Übungsleiter, weitaus größere Ziele als das Nebeneinander der Fachdienste.

Schnellst- und bestmöglichste Hilfe

“Wir wollen diese sehr eng verwandten Fachgebiete stärker miteinander verzahnen, weil wir erkannt haben, wie sehr wir voneinander lernen können”, betont Manz, dass Menschen in Notlagen von dem Engagement der zumeist ehrenamtlichen Retter profitieren können:

Jeder von uns erkennt in solch einer Übung, wo seine eigenen Grenzen sind und was sein Teampartner leisten kann. Gemeinsam erreichen wir eine best- und schnellstmögliche Hilfe für die Betroffenen.

Diese „AHA-Effekte“ für alle Teilnehmer stellen sich bereits am Karfreitag auf dem Gelände des THW in Ludwigshafen ein. Dessen Helfer hatten sich trotz des Feiertags gerne Zeit genommen, um die verschiedenen Seil- und Rettungstechniken kennenzulernen.An dicken Seilen gesichert, geht es die 16 Meter einer Strickleiter unterhalb des THW-Krans in die Höhe oder vom nahen Übungsturm gemeinsam mit einem Verunglückten rund 12 Meter hinunter. „Schon hier haben die Teilnehmer gesehen, dass unterschiedliche Wege zum gleichen Ziel führen, aber im Ergebnis ebenso sicher sein können“, urteilt Manz am Ende über den ersten und die folgenden Übungstage.

Schnell raus aus dem kalten Wasser – doch das ist bei der reissenden Strömung gar nicht so einfach! Den hohen Stellenwert der Sicherheit bei Übungen und Einsätzen dieser Art, erleben vor allem die Osterspaziergänger an der Brücke über den Alten Neckar zwischen Ilvesheim und Mannheim-Seckenheim. Diese ist für zwei Tage das Trainingsgebiet.

Katastrophenszenario bei schönstem Wetter

Trotz des strahlenden Sonnenscheins dick in Schutz- oder Neoprenanzüge, Klettergurte und zum Teil Schwimmwesten eingepackte Retter mit Helmen spannen zwischen den Brückenpfeilern Seile oder fixieren diese am Geländer, immer unter dem wachsamen Auge mindestens eines Kollegen und mit einem zweiten Karabiner gesichert. Mit der so genannten Schleifkorbtrage befördern die Retter ihre Patienten in rund acht Metern Höhe sicher auf die andere Uferseite.
Andere seilen sich aus etwa fünfzehn Metern von der Brückenfahrbahn gezielt zu den im Wasser treibenden Verunfallten ab und werden mit ihnen durch die kalte und starke Strömung mitgerissen. Wurfsäcke fliegen durch die Luft – an den darin enthaltenen Leinen werden Retter und Patient zurück an Land gezogen.

Auch vierbeinige Helfer werden für den Notfall trainiert. In den Strömungsrettungsaufgaben trainieren die Helfer das Schwimmen in diesem, von Steinen direkt unter der Wasseroberfläche unberechenbar gemachten, Gewässerabschnitt. Gespannt sind die Zuschauer auf und unter der Brücke vor allem auf die Rettung aus einem Fahrzeug.

Unberechenbares Wasser

Die DLRGler und ihre Mitübenden müssen schwimmerisch ein mit zwei Personen besetztes Wrack erreichen, ein Sicherungsseil anschlagen und trotz des wilden Gezerres der Wassermassen die Betroffenen sicher an Land verbringen.
Gegen Abend zeigen die Retter, was sie bei der Übung noch alles erlernt haben. Mit einem selbst gebauten Seilzug und viel Muskelkraft bergen sie ihr Übungswrack unter den neugierigen Blicken der Passanten wieder zurück an Land. In der großen Abschlussübung kurz vor dem hessischen Birkenau, „verunfallen“ schließlich am Montag zwei Kanuten an einem Wehr der Weschnitz. Die Strömungs- und Höhenretter müssen ihre die Patienten schnell erreichen, festhalten und vor weiterer Unterkühlung sichern. Andere Helfer bauen derweil über den circa sechs Meter hohen Hang hinunter ein Schrägseil auf, an dem die stets betreuten Verunglückten auf den nächsten Weg und damit zum rettenden Einsatzwagen gebracht werden können. Jetzt heißt es schnell sein, um den “Verunfallten” vor Unterkühlung zu schützen.Auch hier kommen die Teilnehmer nochmals richtig ins Schwitzen – trotz des kalten Bergwassers aus dem Odenwald. Die Übenden loben denn auch das viertägige intensive Programm, das Manz und Starker gemeinsam mit Vertretern der DLRG-Gruppen Weinheim, Leimen, Neckargemünd und Mannheim auf die Beine gestellt haben.

Viele kleine und große Überraschungen

„Besonders die variantenreichen Übungsstellen mit ihren immer wieder kleineren und größeren Überraschungen boten für jeden Schwierigkeitsgrad etwas“, zollt Andreas Tegethoff, Beobachter der Übung und Ausbilder für Höhenretter bei der Freiwilligen Feuerwehr in Altenbeken, den Kollegen Respekt. „Das Alles wäre nicht möglich gewesen, ohne die Unterstützung des THW in Ludwigshafen und des Ilvesheimer Bürgermeisters Andreas Metz und der Ilvesheimer Minigolfanlage“, gibt Starker den Dank auch gleich an zwei der eingebundenen Stellen weiter. Diese hatten durch ihr Verständnis, eine Übung an diesen hohen Feiertagen durchzuführen, erst den Weg für diese einzigartige Veranstaltung gebahnt. „Natürlich ist es schwer, solche ehrenamtlichen Spezialisten für einen so langen Zeitraum und mit einer so weiten Anreise an einem Ort zusammen zu bekommen. Da bleiben nur Feiertage wie Ostern oder Pfingsten“, dankte der Seiltechnikausbilder auch den Passanten für ihr Verständnis, dass es hie und da auf dem Fußweg der Brücke doch zu kleineren Behinderungen kam. Starker ist überzeugt: Aber ich gehe davon aus, dass die Leute wussten, dass wir ja für Ihre Sicherheit unsere Freizeit und unser Engagement eingebracht haben.

Breite Nachwuchsförderung

Die Bedeutung der Übung im Zusammenhang mit dem derzeit in Mannheim laufenden Kampf um das Hallenbad Seckenheim, betonte Torsten Ahl, Pressesprecher der Veranstaltung und des Aktionsbündnisses “Erhalt Mannheimer Bäder”.

Was wir an diesem Wochenende gesehen haben, ist ohne eine breite Nachwuchsförderung nicht möglich. Ohne ausreichende Bäderkapazitäten werden wir nicht mehr wie bisher aus den vielen, vielen Schwimmanfängern und später Rettungsschwimmern genug Nachwuchs gewinnen können!

Derartige Spezialisten für den Wasserrettungsdienst könnten dann nicht mehr ausgebildet werden, fordert Ahl den Mannheimer Gemeinderat auf, seine derzeitige Position zum Wassersport zu korrigieren. Andernfalls sieht der DLRG-Mann nachhaltige Einbusen für die Sicherheit der Mannheimer Bevölkerung.
Schlimmstenfalls müsse der Verlust von Menschenleben beklagt werden, so Ahl. Das Aktionsbündnis aus mehr als sechzehn Vereinen und Institutionen setzt sich für den Erhalt des Hallenbades Seckenheim und eine dauerhafte flächendeckende Versorgung von Mannheims Kindern und Jugendlichen, Bürgern und Vereine mit geeigneten Schwimmeinrichtungen ein.

Anm. d. Red.: Thorsten Ahl ist Pressesprecher der DLRG Mannheim.

Quelle: http://www.rheinneckarblog.de/2012/04/10/die-osterflut-von-weinheim/

Redaktion

Hinweise auf den Autor / die Autoren sind im Text zu finden.